Ich gehe arbeiten, aber komme nicht an.

Ich treffe mich mit jemandem, aber bin gar nicht da.

Ich spreche über etwas, aber sage nichts.

Ich sehe mich im Spiegel, aber erkenne mich nicht.

Ich atme, aber fühle mich nicht lebendig.

Ich überlebe, aber ich habe kein Ziel.

Abends

02/01/2013

Abends werde ich schwer.
Vielleicht finde ich in der Finsternis den Weg durchs Labyrinth nicht. Vielleicht verschmilze ich mit dem Schwarz der Nacht und kann mich selbst nicht finden.
Was macht ihr gegen die Dunkelheit im Inneren?
Ich mache tatsächlich immer viel Licht an, auch in Räumen, in denen ich mich nicht aufhalte. Mache den Fernseher oder Musik an, damit es nicht so einsam klingt. Kuscheln mit den Katzen ist auch ein wichtiger Lichtblick. Aber das ist alles, wenn ich Zuhause bin. Gerade bin ich aber auf dem Heimweg von der Arbeit und habe das Gefühl, ich fahre ins unendliche Nichts.

Das schwerste Jahr

30/12/2012

Ich hatte schon viele schwere Jahre. Aber dieses war eindeutig das Schwerste.

Es begann mit der schlimmsten depressiven Phase, die ich bis zu diesem Zeitpunkt hatte. Psychisch und sogar physisch am Ende. Näher dran, mich aufzugeben, war ich noch nie. Weiter ging es mit dem erstmaligen Einnehmen von Antidepressiva, was mir zum Glück schnell, zumindest körperlich, Erleichterung brachte. Bald folgte auch ein Stimmungshoch, welches mich meine Sorgen vorübergehend vergessen ließ. Doch wie vorherzusehen hielt dieser Zustand nicht dauerhaft an. Bald holten mich meine Sorgen, Ängste, Unzufriedenheiten, Sehnsüchte und Ärgernisse wieder ein. Ich bemühte mich nach meinen Kräften, eine Psychotherapie zu beginnen, was sich schwieriger darstellte, als gehofft.

Ein Bruch.

Niemals im Leben hätte ich gedacht, sowas zu tun. Nach fast 4 Jahren fester Beziehung ging ich fremd. Ich kann es nicht erklären, nicht rechtfertigen, nicht in seiner Bedeutung herunterspielen. Ich hasse mich selbst dafür. Doch es ist passiert und ich kann es nicht rückgängig machen.

Endlich fand ich einen Psychotherapeuten, der mir die Möglichkeit gab, dauerhaft bei ihm eine Therapie zu machen. Hätte ich vermeiden können, was passiert ist? Hätte es anders laufen können?

Ein Bruch.

Ich gestehe, was ich getan habe. Zu spät. Nach zu langer Geheimhaltung. Die Beziehung ist in Sekundenschnelle Geschichte. Ich bin in Gefahr vor mir selbst, kann nicht allein sein, bin am Rande von allem. Nachdem mich Freunde aufgefangen haben, verbringe ich zwei Wochen lang im Bett.

Die Therapie geht weiter. Ich versuche zu verstehen, was ich getan habe, warum, zum Teufel, warum?!

Und wo stehe ich nun? So ziemlich genau da, wo ich vor einem Jahr stand. Ein bisschen besser komme ich nun mit mir klar, ein bisschen genauer weiß ich nun, was ich zu ändern habe, ein bisschen weniger Hoffnung habe ich.

Grenze der Verzweiflung

Ich habe Dich so lieb
daß ich nicht mehr weiß
ob ich Dich so lieb habe
oder ob ich mich fürchte

ob ich mich fürchte zu sehen
was ohne Dich
von meinem Leben
noch am Leben bliebe

Wozu mich noch waschen
wozu noch gesund werden wollen
wozu noch neugierig sein
wozu noch schreiben

wozu noch helfen wollen
wozu aus den Strähnen von Lügen
und Greueln noch Wahrheit ausstrählen
ohne Dich

Vielleicht doch weil es Dich gibt
und weil es noch Menschen
wie Du geben wird
und das auch ohne mich

– Erich Fried